Familie Siegmund Schweizer

Im großen Haus in der Wilhelmstraße 51 lebte das Ehepaar Siegmund und Klara Schweizer gemeinsam mit ihren Kindern und deren Familien. Siegmund Schweizer führte dort einen Laden für Metzgereibedarfsartikel und eine Häutehandlung gemeinsam mit seinem Sohn Karl.

Am 1. April 1933 rief die neue nationalsozialistische Regierung zu einem Boykott aller jüdischen Geschäfte auf. Auch in Euskirchen formierte sich die SA zu einem Fackelzug und verklebte Schaufenster jüdischer Geschäfte und behinderte die Kundschaft an deren Betreten. Wer noch in jüdischen Geschäften Besorgungen erledigte, wurde solange angefeindet, bis niemand mehr dort einkaufte.

Trotz der Terrorisierungen und Einschränkungen blieben viele jüdische Familien auch nach der Machtergreifung in Euskirchen wohnhaft. Als im September 1935 die Nürnberger Gesetze erlassen wurden, durch die Juden alle politischen Grundrechte verloren, entschlossen sich jedoch viele Familien zu einer Flucht ins Ausland.

1938 wurden alle jüdischen Gewerbebetriebe registriert und gekennzeichnet. Man entzog Siegmund und Karl Schweizer die Gewerbeerlaubnis und sie erhielten ein Gewerbeverbot. Damit verloren sie jegliche Lebensgrundlage.

In der Hoffnung auf Anonymität in einer Großstadt, zogen Siegmund und Klara Schweizer im März 1939 nach Köln. Doch auch dort waren sie weiteren Anfeindungen ausgesetzt. Nach den Demütigungen starb Siegmund Schweizer am 13. Mai 1942 in Köln-Ehrenfeld an einem Schlaganfall. Seine Frau Klara wurde kurz darauf ins Vernichtungslager Treblinka deportiert und ermordet.

Siegmunds und Klaras Sohn Ernst siedelte 1930 nach Luxemburg über. Dort traf er seine spätere Ehefrau Frieda Neumann. Die beiden heirateten im Februar 1932 und bekamen einen gemeinsamen Sohn namens Fred. Kurz nach Kriegsausbruch floh Ernst Schweizer mit seiner Familie nach Frankreich in der Hoffnung, dort sicher zu sein. Im Februar 1944 wurde Ernst durch den dortigen Befehlshaber der Sicherheitspolizei verhaftet und in das Internierungslager Drancy eingewiesen. 
Insgesamt wurden 65.000 Juden aus Frankreich von Drancy aus in die deutschen Vernichtungslager im besetzten Polen deportiert. Einer von ihnen war Ernst Schweizer. Er wurde im März ins Konzentrationslager Auschwitz deportiert und dort kurz nach der Ankunft ermordet. Seine Frau Frieda und sein Sohn Fred überlebten versteckt in Frankreich. Frieda Schweizer starb 1987 in Luxemburg, als sie dort bei Sohn Fred zu Besuch war.

Ernst Schweizers Bruder Karl, dessen Frau Kathi und die gemeinsame Tochter Susanne hofften auf Ausreisepapiere in die USA – ein langwieriger Prozess, da dafür zahlreise Papiere vorgelegt werden mussten. Zwischen 1933 und 1941 gelang es ca. 110.000 jüdischen Flüchtlingen in die USA zu fliehen. Im März 1939 erhielt auch die Familie Karl Schweizer endlich ihr Visum und konnte in die USA ausreisen.
Karl Schweizer verstarb 1988 in San Francisco. Nach seinem Tod zog Kathi Schweizer nach Sacramento. Sie wurde 88 Jahre alt.

Familie Alfred Oster

Der Anwalt Alfred Oster und seine Frau Margaretha geborene Schweizer hatten zwei gemeinsame Töchter, Eva Hanna und Gerda, mit denen sie gemeinsam mit der Familie Schweizer und Bukofzer im Haus in der Wilhelmstraße 51.

Auch gegen Ärzte und Anwälte ging das Regime vor. Durch die Verabschiedung des Gesetzes über die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft vom 07.04.1933 verloren jüdische Anwälte ihre Zulassung. Zunächst gab es davon noch Ausnahmen. Es war ihnen beispielsweise noch erlaubt, Juden juristisch zu beraten. Zeitweise versuchte Alfred Oster so seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Als auch dies untersagt wurde, entschloss sich die Familie zur Flucht ins Ausland. Auch sie hofften auf ein Zertifikat der britischen Mandatsregierung Palästinas, um dorthin ausreisen zu können. Kurz nach der Einstellung seines Gewerbes erhielt Alfred Oster für sich und seine Familie die Ausreisepapiere und gemeinsam emigrierten sie nach Tel Aviv.

In seiner neuen Heimat musste Alfred Oster Englisch und Hebräisch lernen und sein Staatsexamen nachholen. Nach dem Krieg konzentrierte er seine berufliche Laufbahn auf die Wiedergutmachungsansprüche von Opfern des Naziregimes. Alfred Oster starb am 17. Januar 1960 in Tel Aviv. 

Familie Adolf Bukofzer

Gemeinsam mit ihren Eltern lebte Selma Bukofzer geb. Schweizer mit ihrem Mann Adolf und der gemeinsamen Tochter Lotte in der Wilhelmstraße 51. Adolf Bukofzer arbeitete als praktischer Tierarzt.

Als im September 1935 die Nürnberger Gesetze erlassen wurden, durch die Juden alle politischen Grundrechte verloren, entschlossen sich viele jüdische Familien zum Umzug in die Großstadt. Sie erhofften sich dadurch Anonymität. 1935 zog die Familie Bukofzer nach Berlin. Dort arbeitete Adolf Bukofzer als Assistent bei einem Tierarzt, der später wegen Beschäftigung eines Juden angeklagt und verurteilt wurde. Im Zuge dieser Anklage wurde Adolf Bukofzer im November 1938 entlassen.

Die Familie zog daraufhin zu Selma Schweizers Eltern Siegmund und Klara Schweizer nach Köln. Am 07.12.1941 wurden Adolf, Selma und Tochter Lotte Bokufzer ins Ghetto Riga deportiert.

Zwischen dem 27. November 1941 und dem 26. Oktober 1942 verließen 25 Züge das Deutsche Reich einschließlich des angeschlossenen Österreichs und der annektierten Tschechoslowakei Richtung Riga. Betroffen waren fast 25.000 jüdische Frauen, Männer und Kinder aus 16 Städten und umliegenden Regionen. Nur etwa 1080 Menschen dieser Deportationstransporte überlebten und wurden befreit.

Adolf Bukofzer wurde im Konzentrationslager Riga-Kaiserwald ermordet. Der Zeitpunkt ist nicht bekannt. Seine Tochter Lotte wurde kurz nach der Ankunft im Ghetto Riga am 20. oder 22.12.1941 ermordet. Selma Bukofzer überlebte Riga und wurde befreit. Sie emigrierte nach dem Krieg nach Tel Aviv und starb 1984 in Köln.