

Familie Karolina Ella und Otto Marx
Otto Marx wurde am 08.04.1892 in Bonn geboren. Er machte eine kaufmännische Lehre und arbeitete anschließend als Handelsvertreter. Von 1914 bis 1918 kämpfte Otto Marx im Ersten Weltkrieg für sein Vaterland. „Liebt nächst Gott das Vaterland!“ lautete der Aufruf, den deutsche Rabbiner mit Kriegsbeginn 1914 in ihren Gemeinden publik machten. Die Euphorie, mit der sich junge Männer freiwillig zum Dienst meldeten, unterschied sich nicht von der Kriegsbegeisterung anderer Männer. Knapp 100.000 Juden kämpften zwischen 1914 und 1918 für die deutsche Armee, davon rund 77.000 direkt an der Front. 12.000 von ihnen bezahlten diesen Einsatz mit dem Leben. Otto Marx überlebte den Krieg und kehrte nach Euskirchen zurück, wo er 1919 die Tochter des Händlers Siegmund Schweizer heiratete. Karolina Ella Schweizer wurde am 23.09.1895 in Euskirchen geboren. Ihr Vater führte dort ein Laden in der Wilhelmstraße.
1920 wurde der gemeinsame Sohn Rudolf geboren, ein Jahr später Tochter Lieselotte.
Das Krisenjahr 1923 und die Weltwirtschaftskrise verstärkten in der 1920er Jahren den schwelenden Antisemitismus der Bevölkerung weiter. Ein Jahr später wurde Sohn Hans geboren und machte die Familie komplett.
Otto Marx engagierte sich als Vorsteher der Synagogengemeinde Euskirchen. Synagogenvorsteher sorgten sich um die Einhaltung der Synagogenordnung, verteilten die Aufgaben im Gottesdienst und kümmerten sich um die Instandhaltung des Synagogengebäudes. Wegen der zahlreichen Aufgaben wurde dieses Amt meist von mehreren Personen ausgeübt.
Am 7. Januar 1927 starb Karolina Ella Marx im Alter von nur 31 Jahren. Otto Marx musste sich fortan allein um die Erziehung seiner drei noch jungen Kinder kümmern.
Nach der Ernennung Hitler zum Reichskanzler im Jahr 1933 wurden bis 1945 viele Millionen Menschen wegen ihres jüdischen Glaubens verfolgt. Sie wurden entrechtet, terrorisiert und angefeindet. Als im September 1935 die Nürnberger Gesetze erlassen wurden, durch die Juden alle politischen Grundrechte verloren, entschlossen sich jedoch viele Familien zu einer Flucht ins Ausland. Die Familie Marx blieb in Euskirchen. Nur Sohn Rudolf entschloss sich das Deutsche Reich zu verlassen und reiste nach Palästina aus. Bis Ende 1938 wanderten über 200.000 Juden aus West- und Mitteleuropa nach Palästina ein.
1938 wurden alle jüdischen Gewerbebetriebe registriert und gekennzeichnet. Kurz darauf wurde Otto Marx die Gewerbeerlaubnis entzogen und er erhielt ein Gewerbeverbot. Jeglicher Lebensgrundlage beraubt, flohen Otto Marx und seine Kinder im Mai 1939 nach England.
Seit der Erlassung des Fremdengesetzes 1905 durfte jeder nach Großbritannien migrieren, der aufgrund der eigenen Religion oder politischen Einstellung sein Heimatland verlassen musste. Durch den Ersten Weltkrieg wurden die Einreisebedingungen verschärft, sodass jeder Einreisende überprüft wurde, bevor er dauerhaft im Land bleiben durfte. Ab 1933 wurde die Möglichkeit der Einreise direkt an den Häfen durch Beamte entschieden. Wichtigster Entscheidungsfaktor war hier vor allem die finanzielle Situation der Immigranten.
Durch die Annexion Österreichs an das Deutsche Reich 1938 wurde eine neue Emigrationswelle ausgelöst, woraufhin die Einreisebedingungen verschärft wurden. Eine Einreise war nun in drei verschiedenen Fällen möglich: zur Weiterreise in ein anderes Land, zur Aufnahme einer Arbeit in Großbritannien oder durch Vorlegen eines Nachweises über Kapital zur finanziellen Absicherung.
In Großbritannien hatten Immigranten im Gegensatz zu anderen Ländern keine Auslieferung an das Deutsche Reich zu befürchten und es gab eine überdurchschnittlich gute Lebensmittelversorgung. Dennoch hatten auch in Großbritannien alle Einreisenden einen schwierigen Rechtsstatus. Mit Kriegsbeginn im September 1939 wurden die Grenzen geschlossen. Insgesamt konnten ca. 65.000 jüdische Flüchtlinge nach Großbritannien ausreisen.
Otto Marx starb 1946 in London. Seine Kinder bauten sich in England und Palästina ein neues Leben auf.