Gottlieb gen. Josef und Johanna Rothschild
Gottlieb, genannt Josef, Rothschild wurde 1874 in Euskirchen geboren und war Viehhändler von Beruf. Im Jahr 1902 heiratete er Johanna Meyer, die ebenfalls aus Euskirchen stammte und 1869 hier geboren wurde. Gemeinsam zogen die beiden sechs Kinder groß.
Zunächst lebte Familie Rothschild in der Wilhelmstraße, doch die wachsende Familie benötigte mehr Platz und so zog man 1919 in das große Haus in der Gerberstraße 36.
Das Krisenjahr 1923 und die Weltwirtschaftskrise verstärkten in der 1920er Jahren den schwelenden Antisemitismus der Bevölkerung weiter. Die NS-Bewegung griff diese Atmosphäre auf und rückte den Antisemitismus ins Zentrum ihrer Politik. Ab 1933 erlebten jüdische Familien alltägliche Anfeindungen.
Trotz der Terrorisierungen und Einschränkungen blieben viele jüdische Familien auch nach der Machtergreifung in Euskirchen wohnhaft. Es war schließlich ihr Zuhause.
Im August 1935 starb Johanna Rothschild im Alter von 66 Jahren. Fortan lebte Josef Rothschild mit seinem Sohn Ernst in dem großen Haus in der Gerberstraße. Seine fünf Töchter waren mittlerweile verheiratet und ausgezogen. 1936 mussten Josef und sein Sohn das Haus verkaufen und zogen in die Bischofstraße. Das Gebäude in der Gerberstraße baute die NSDAP zu einem Heim für die Hitlerjugend um.
1942 begannen die Transporte in die östlichen deutschen Besatzungsgebiete. Die Menschen wurden dort in andere Ghettos eingewiesen, erschossen oder direkt in Vernichtungslager deportiert.
Am 15. Juni 1942 wurde Josef Rothschild ins Ghetto Theresienstadt deportiert. Von den zehntausenden hauptsächlich älteren Bewohnern des Ghettos überlebten nur wenige den Holocaust. Sie wurden rücksichtslos ausgebeutet und die katastrophalen Lebensbedingungen führten zu einer hohen Sterblichkeitsrate. Insgesamt durchliefen etwa 140.000 Menschen das Ghetto, aus dem bei Kriegsende lediglich 19.000 Menschen befreit wurden.
Josef Rothschild wurde am 19.09.1942 vom Ghetto Minsk aus in das Vernichtungslager Treblinka gebracht und dort kurz nach der Ankunft ermordet.
Familie Ernst und Edith Rothschild
Ernst Simon Rothschild wurde 1906 in Euskirchen geboren. Er war der einzige Sohn von Gottlieb und Johanna Rothschild. Gemeinsam mit seinen fünf Schwestern wuchs er in Euskirchen auf und übernahm später den Viehhandel seines Vaters.
Nach der Ernennung Hitler zum Reichskanzler im Jahr 1933 wurden bis 1945 viele Millionen Menschen wegen ihres jüdischen Glaubens verfolgt. Sie wurden entrechtet, terrorisiert und angefeindet.
1934 war Ernst Simon Rothschild gezwungen sein Gewerbe einzustellen und verlor jegliche Lebensgrundlage.
Ernst Simon Rothschild lernte Mitte der 1930er Jahre Edith Daniel aus Schlochau im heutigen Polen kennen. Sie heirateten 1938. Kurz darauf wurde die gemeinsame Tochter Bela geboren. Die kleine Familie zog zu Gottlieb Rothschild, dem Vater von Ernst Simon, nach Euskirchen in die Bischofstraße 21.
Kurz nach der Deportation des Vaters nach Theresienstadt wurden auch Ernst Simon, Edith und die 5-jährige Tochter Bela am 20.07.1942 mit dem Zug Da 209 von Köln nach Maly Trostenec deportiert.
Das Vernichtungslager Maly Trostenez lag südlich von Minsk. Es ist einer der größten Vernichtungsorte des Holocaust. Aus deutschen Städten wie Köln, Düsseldorf und Hamburg wurden Juden in die Hauptstadt der von der Wehrmacht besetzten Sowjetrepublik Weißrussland deportiert. Das elf Kilometer entfernte und gleichnamige Dorf verfügte über einen Bahnanschluss, der für die Deportationszüge notwendig war. Insgesamt wurden in dem kleinen Ort nahe der weißrussischen Hauptstadt Minsk bis zur Befreiung durch die Rote Armee im Spätsommer 1944 mehr als 60.000 Menschen ermordet.
Ernst Rothschild und seine Familie wurden am 24.07.1942 in Maly Trostenec ermordet.