Frauenberg / Oberwichterich
Der Name Frauenberg ist wie kein anderer im Kreis Euskirchen ob des alten Gotteshauses auf dem Berge und seiner Schätze ein Begriff in der Kunstwelt. Ein Blick zurück in die Geschichte: der Stadtteil Frauenberg mit den Irresheimer Höfen und dem Ort Oberwichterich bildete bis zur französischen Invasion gegen Ende des 19. Jahrhunderts eine "Freie Herrlichkeit des jülich'schen Landes", von da an eine Spezialgemeinde in der aus den Gemeinden Frauenberg, Dürscheven, Eisig und Euenheim gebildeten Bürgermeisterei Frauenberg, die von der Stadt Zülpich in Verwaltungsunion mitbetreut wurde.
Frauenberg lag am Kreuzungspunkt der uralten Straßenzüge Euskirchen - Düren und Kommern - Liblar; letzterer hieß die Bleistraße, weil in früherer Zeit auf diesem Wege der Transport von Blei aus den Bergwerken bei Kommern und Mechernich dem Rhein zugeführt wurde, wo man das Erz auf Schiffe verlud. Wegen dieser Lage herrschte damals in Frauenberg ein lebhafter Warenverkehr, und die Gasthäuser zogen aus der Beherbergung der zahlreich durchziehenden Händler und Fuhrleute reichen Gewinn. Seitdem jedoch um die Mitte des 19. Jahrhunderts die neue Landstraße von Euskirchen über Euenheim und Dürscheven nach Zülpich gebaut worden war und namentlich die Eisenbahnlinien Köln-Trier und Bonn - Düren mit dem Kreuzungspunkt in Euskirchen den Verkehr in andere Richtung gelenkt hatten, ist Frauenberg ein stilles Dorf geworden, in dem die Landwirtschaft vorherrscht. In den drei Ortsteilen bestehen noch etliche landwirtschaftliche Betriebe. Arbeit bietet darüber hinaus die nahe Kreisstadt, mit der Frauenberg bis 1959 durch die Kreisbahn verbunden war.
Grundherren von Frauenberg waren im frühen Mittelalter wie so vielerorts die Äbte des Klosters Prüm. In einer Urkunde von 899 wird Frauenberg "villa montis in pago Tulpiacensi" (Landgut am Berge im Zülpicher Gau) genannt. Die Unterherrschaft Bollheim, die die Schutz- und Schirmherrschaft u. a. über die Dörfer Frauenberg, Irresheim und Oberwichterich besaß, war ein Lehnsgut der Prümer Abtei.
Frauenberg als kirchliche Gründung war ursprünglich eine Siedlung "zum Berge". Die damals der Gottesmutter geweihte Kirche wurde 1067 durch den Kölner Erzbischof Anno II. dem neugegründeten Stift St. Georg in Köln überwiesen; nunmehr wurde St. Georg der Kirchenpatron. Trotzdem wird im Liber valoris, dem Güterverzeichnis der Kölner Erzbischöfe aus dem 13. Jahrhundert, die Kirche unter dem Namen "Berge beate Marie", aufgeführt. Die alte Bezeichnung mit der neuen verbindend, nennt sich 1564 Adamus Brauns als Mitglied der Euskirchener Priesterbruderschaft "Pastor Montis in Frauenberg".
In der Frauenberger Kirche, einem der wertvollsten Baudenkmäler des Kreises Euskirchen, zeigen sich mehrere, voneinander deutlich zu unterscheidende Entstehungszeiten, von denen die älteste romanische um 1100 in den unteren Turmgeschossen und im südlichen Seitenschiff deutlich zu erkennen ist. Der Chorraum des heutigen Mittelschiffes und das Obergeschoß des Turmes entstammen dem Anfang des 13. Jahrhunderts, das nördliche Mittelschiff - heute der Hauptkirchenraum - wurde gegen Ende des 14. Jahrhunderts und im Verlauf des 15. in gotischen Formen von Osten nach Westen neugebaut, wobei als letztes die drei schmalen westlichen Joche hinzukamen. Das Gotteshaus blieb im Zweiten Weltkrieg vor Zerstörungen im Innern verschont, erlitt aber starke Feuchtigkeitsschäden durch Beschädigungen des Daches. In den Jahren 1951 und 1952 wurde eine allgemeine Instandsetzung notwendig, in deren Verlauf ein erstaunlicher Reichtum an spätgotischer Ausmalung in den verschiedenen Bauteilen zum Vorschein kam. Im ältesten Teil der Kirche wurden Reste einfarbiger, ockergetönter Rankenornamente freigelegt, bei den Arbeiten im Mittelschiff traten vier große figürliche Szenen - Marientod, Kreuztragung, Beweinung und die sogenannten Vier Marschälle des Erzstifts Köln - zutage, sowie im Nordchor die Darstellung des Weltgerichts. Ob dieser wertvollen Fresken gehört die Frauenberger Kirche mit Recht zu den "bunten Kirchen des Euskirchener Landes". Mehr noch - in dem Triptychon mit der Darstellung der Hl. Sippe, das Johann von Hompesch und seine Ehefrau Katharina von Geisbusch 1477 der Frauenkirche stifteten und das ein hervorragendes Frühwerk des Kölner Meisters von St. Severin (Mitte 15. Jahrhundert) ist, besitzt Frauenberg das wohl kunstgeschichtlich wertvollste und bedeutsamste Kunstwerk im Kreis Euskirchen. Der hölzerne romanische Kruzifixus (Köln um 1160) reiht sich würdig der Kölner Steinplastik aus gleicher Epoche an, von hohem Wert ist ferner der silbervergoldete St. Annokelch aus der Zeit um 1200.