Sankt Georg
Die am Schnittpunkt von wichtigen Straßen liegende Kirche zählt mit ihrer interessanten Choranlage und dem hervorragend ausgestatteten Inneren zu den schönsten Dorfkirchen des Rheinlandes. Die thematisch reichen Wandmalereien, der Dekor in den Gewölben, die zum Teil sehr anspruchsvollen Kunstwerke und die Art, wie das alles zu einem Gesamteindruck verschmilzt, machen die Kirche St. Georg zu einem besonderen Kleinod. Sicherlich hat bereits vor der ersten Erwähnung der Kirche hier ein Gotteshaus gestanden, das - wie es die Legende will - ein wundertätiges Marienbild bewahrte. Immerhin wird der Ort bereits 899 genannt. Im Jahr 1067 wurde die ehemals der Gottesmutter geweihte Kirche durch den Kölner Erzbischof Anno II. an das von ihm gegründete Stift St. Georg in Köln überwiesen. Gleichzeitig wurde das Stift mit Kirche und Zehntem "Auf dem Berch" begütert. Obwohl damit wohl auch der auffallende Wechsel des Patroziniums - von der Gottesmutter zu einem Ritterheiligen - verbunden war, wird der Ortsname 1300 im Liber valoris als "Berge beate Mariae" geführt. Offensichtlich blieb die Kirche stets ein Marienheiligtum, worauf zahlreiche Kunstwerke wie das bedeutende Gnadenbild und der Sippenaltar sowie eine bis heute überlieferte Walfahrt hinweisen.
Die Kirche liegt auf einer in dieser Landschaft markanten Anhöhe innerhalb der alten Friedhofsmauer. Der vorgesetzte fünfgeschossige Turm, die verschiedenen Schiffshöhen und die gestaffelte Choranlage verweisen darauf, dass der Bau in verschiedenen Bauphasen entstanden ist. Das Anwachsen in der Höhe und in der Längsrichtung mit erkennbarem Stilwechsel gibt der wehrhaft erscheinenden Anlage schon im Äußeren einen interessanten Ausdruck. Doch vor allem im Inneren geben sich die unterschiedlichen Bauteile noch deutlicher zu erkennen. Der Ursprungsbau war eine kleine einschiffige flachgedeckte Anlage des 10. und 11. Jahrhunderts. Ehemalige Fenster sind auf den oberen Wandteilen des Mittelschiffs noch zu erkennen. Diesem Bau wurde gegen Ende des 11. Jahrhunderts der Westturm vorgelagert. Im ersten Geschoss befindet sich ein Kapellenraum mit östlicher Altarnische. Dem Kernbau wurde um 1100 das einfache südliche Seitenschiff mit halbrunder Apsis angegliedert. Um 1200 schloss sich der Anbau eines deutlich breiteren nördlichen Seitenschiffs an. Von dieser Bauphase zeugen noch gegliederte Außenmauern und im Inneren drei Pfeiler. Bei einem weiteren Bauvorgang um 1220/30 wurde der kreuzrippengewölbte Chor mit halbkreisförmiger Apsis errichtet, gleichzeitig der Westturm um ein Geschoss erhöht. Weiterhin folgte die Wölbung der Schiffe. Um 1400 wurde das romanische nördliche Seitenschiff durch ein höheres gotisches Schiff mit Rippengewölbe und Chor ersetzt. Im Laufe des 15. Jahrhunderts gewann dieses heute als Hauptkirchenraum genutzte Nordschiff seine endgültige Gestalt mit Kreuzrippen - und Sterngewölbe. Trotz der unterschiedlichen Raumdimensionen und Entstehungszeiten wurden die Raumteile zu einem homogenen Ganzen zusammengefügt.
Die Ausstattung:
Eine zentrale Rolle bei der Anbindung der Räume spielt die Wand- und Gewölbemalerei. Die wohl aus der Erbauungszeit stammende farbige Fassung des Mittelschiffschors mit einer in einen Vierpass eingeschriebenen Darstellung von Christus als Weltenrichter stand am Anfang. Ihr folgten vor allem um und nach 1500 die Ausmalung der Gewölbe und die Bildprogramme auf den Wänden. Die nach einheitlichen Grundsätzen und mit vielen Varianten geschaffenen Gewölbemalereien mit heimatlichen Blumen- und Blattranken vereinheitlichen den Raum, die zahlreichen kleineren und größeren Wandmalereien von unterschiedlicher Qualität waren gewissermaßen die Bibel der Leseunkundigen und bedienen sich häufig einer einfachen Bildsprache. Die Malereien haben in spätgotischer Zeit die Erzählfreude der Skulptur, wie sie noch die schönen romanischen Kapitelle (um 1220/30) im Chorjoch des Mittelschiffs zeigen, in anderer Weise fortgesetzt. Die ehemals übertünchten und damit gewissermaßen geschützten Malereien wurden 1954/55 entdeckt und freigelegt, 1997/98 wurden sie erneut restauriert und zeigen heute einen gesicherten Zustand. Die besonders reiche Ausmalung in allen Teilen der Kirche belegt, dass die sog. bunten Kirchen nicht nur im Bergischen Land vorkommen, sondern auch linksrheinisch - wie man inzwischen weiß - verbreitet waren. Beim Gewölbedekor lassen sich zwei Gruppen unterscheiden: die Malereien im südlichen Seitenschiff, wohl kurz vor und um 1500 entstanden, sind einfacher, zarter, linearer und weniger farbig. Die üppigen lebendigen Gewölbemalereien des mittleren und nördlichen Kirchenraums nach 1500 sind temperamentvoller, fügen sich mit sicheren Proportionen in die Gewölbekappen ein, sind dichter und auch malerischer. Sie zeigen, wie sich Anspruch, Geschmack und Können innerhalb kurzer Zeit verändert haben. Nach Aussage der sehr unterschiedlichen Stilsprachen muss man hier wohl von zwei ausführenden Werkstätten ausgehen. Die zahlreichen Wandbilder behandeln zum Teil gleiche Themen wie etwa die "Kölner Marschälle" im Südseitenschiff - auffallender Weise nur drei, dazu ein darübergelegtes Bild des Hl. Batholomäus - und auf der Nordseite des Mittelschiffs, wo die kanonische Vierergruppe mit Cornelius, Antonius, Quirinus und Hubertus dargestellt ist.
Diese nur im kölnischen Raum verehrten Heiligen galten als besonders zuverlässige himmlische Fürsprecher und wurden wie die Nothelfer angerufen. Sie waren mit ihren unterschiedlichen Helferrollen bei Krankheiten von Mensch und Tier gerade auf dem Land unverzichtbare Ansprechpartner. Auf den Arkadenbögen des Mittelschiffs finden sich die Geißelung Christi, der Marientod, die Beweinung Christi, die Muttergottes mit Kind, der volkreiche Kalvarienberg und der Schmerzensmann mit den Leidenswerkzeugen, also christologische und mariologische Szenen. Der Erhaltungszustand ist nicht immer gut, doch es lassen sich Qualitätsunterschiede wie beispielsweise bei der sicher gemalten Geißelung oder dem so unperspektivischen Marientod klar erkennen. Mit der Kreuztragung Christi in der gleichen Bildergruppe wird ein besonders beliebtes Thema der Volksfrömmigkeit des 15. Jahrhunderts aufgegriffen. Eine weitere dichte Bildwelt findet man im Chorbereich des nördlichen Schiffes. Hauptthema der Gewölbemalerei ist das Weltgericht: Christus als Weltenrichter mit Schwert und Lilie auf dem doppelten Regenbogen mit Maria und Johannes dem Täufer als Fürbitter zu seinen Seiten richtet die Guten zu seiner Rechten und die Bösen zu seiner Linken. Dort begrüßt Petrus mit Engeln die Erlösten, hier verschlingt der Höllenschlund die Verdammten. Engel bringen Leidenswerkzeuge zum Zeugnis des Opfers Christi. Dieses, auch in anderen rheinischen Kirchen an der gleichen Stelle wiedergegebene Jüngste Gericht hat mit seiner eindeutigen Aussage die Menschen ganz sicher beeindruckt. Auf den Wänden des Chorbereichs sind als weitere großformatige Bilder zu sehen: Anbetung der Hl. Drei Könige, Johannes Evangelist, sechs Apostel, ein Heiliger mit Blashorn, eine Szene mit Maria und dem Christuskind, dem Hl. Georg und der Hl. Katharina sowie dem knienden Stifterpaar, eine Verkündigung an Maria und das Fragment eines Marientodes. Auffallend das Bild des Hl. Christophorus auf der Nordwand, der ob seiner Größe für alle sichtbar sein sollte, weil sein Anblick den Betern die Gewissheit gab, dass sie an diesem Tage nicht sterben würden. Ferner sieht man auf der Nordwand noch ein Bild des Hl. Bartholomäus, wohl 1529 von einem Stifter namens Adam Zinck in Auftrag gegeben, eine Kreuzigung mit Stifterin und eine Hl. Katharina mit Stifterin. Die Fülle der Bilder nebst den an vielen Stellen und in den Fenstergewänden angebrachten Wappenfolgen (von Hompesch, Scheiffart von Merode, Beissel von Gymnich) belegen Frömmigkeit, Belehrung und Repräsentation. Von den sehr vielen beachtenswerten Ausstattungsstücken und Kunstwerken können nur die wichtigsten hervorgehoben werden: Der aus dem 12. Jahrhundert stammende Taufstein aus Namurer Blaustein ist ein im Rhein-Maasgebiet weit verbreiteter Typus. Mit seinen Eckmasken sowie den Löwen und Drachen auf der Brunnenschale soll er in einem apotropäischen Sinn das Böse vom Taufort abwehren. Der flache Taufsteindeckel aus Bronze mit der Darstellung der Taufe Christi im Jordan wurde vom Kölner Bildhauer Hein Gernot um 1989 geschaffen. Berühmt und von außerordentlicher Qualität ist der romanische Kruzifixus, um 1160. Das zum Kölner Kunstkreis gehörende Werk, dessen originale farbliche Fassung hervorragend erhalten ist, verbindet strenge Frontalität und symmetrische Anlage mit weicher Körperbildung und straffer Pinselzeichnung der körperlichen Details. Ursprünglich trug Christus wohl eine Metallkrone. Es ist außergewöhnlich und ein Hinweis auf die seit Jahrhunderten herrschende besondere Sorgfalt der Verantwortlichen in der Pfarrei, dass sich ein so bedeutendes Kunstwerk in bestem Zustand noch am originalen Ort befindet. Eine thronende Muttergottes mit Kind (Holz, zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts, aus einer niedergelegten Kapelle in Oberwichterich), eine weitere thronende Muttergottes mit Kind (farbig gefasst, 14. Jahrhundert, südl. Seitenschiff) sowie das Gnadenbild der Pietà (farbig gefasst, 14. Jahrhundert, im Gnadenbildaltar) belegen den ausgeprägten Marienkult in Frauenberg. Auch die farbig gefasste Holzfigur des Hl. Anno (Ende des 15. Jahrhunderts), der ja mit der Geschichte der Kirche eng verbunden ist, gehört zu den einprägsamen Arbeiten. Über der Türe des Mittelschiffs eine Reiterfigur des Hl. Georg aus dem 18. Jahrhundert. Eine ganz besondere Kostbarkeit stellt auch der Altar der Hl. Sippe (Chor des nördl. Seitenschiffs) dar. Der Flügelaltar zeigt im geschlossenen Zustand auf den Außenseiten in reduzierter Farbigkeit die Kreuzigung und die Beweinung Christi. Im geöffneten Zustand ist die Darstellung der Hl. Sippe, der Verwandtschaft Christi, in einer prächtigen Versammlung zu sehen. Diese Szene, die auf die legendäre Überlieferung von drei Ehen der Hl. Anna, der Mutter Mariae, aus der jeweils eine Tochter namens Maria stammte, zurückgeht, schart um die Gruppe der Anna selbdritt (Anna, Maria und das Christuskind) die zugehörigen Männer und Kinder mit ihren Attributen. Dieses Bildthema war wegen seines Erzählreichtums und auch im Hinblick auf eigene genealogische Interessen im Spätmittelalter sehr beliebt. Auf den Seitenflügeln sind mit der Verkündigung und der Anbetung der Könige zwei Szenen wiedergegeben, die mit der Kindheitsgeschichte Christi und mit Maria verbunden sind. Die Malerei ist von frischer sicherer Hand ausgeführt. Sie wird dem Kölner Meister der Ursulalegende (zwischen 1480/90 und 1510/15 in Köln tätig) zugeschrieben und gilt als sein frühestes überliefertes Werk. Der wohl in den Niederlanden ausgebildete Meister stand in Köln einer rührigen großen Werkstatt vor. Seine Handschrift ist an der Vorliebe für eine helle Hautfarbe, für die präzise Beschreibung von Stoffen, die Detailwiedergabe und die gelängten Figuren und Hälse erkennbar. Mit ihm kam aufs Neue ein innovatives Element in die Kölner Malerei. Aus der großen Zahl ansehnlicher liturgischer Geräte vom Mittelalter bis zur Neuzeit sticht der einzigartige sog. Annokelch hervor. Dieses Werk (Silber, vergoldet) eines Kölner Goldschmieds um 1200 trägt über einem aufwendig gestalteten Fuß in einer Cuppa mit phantasievoll getriebenem Blattdekor eine eingelassene ältere Cuppa aus der Mitte des 12. Jahrhunderts. Umlaufend eingraviert sind die disputierenden zwölf Apostel unter Arkaden, die somit Christus in der Gestalt von Brot und Wein im Kelch umgeben. Diese an das letzte Abendmahl erinnernde eucharistische Darstellung ist beispiellos. Der Kelch wird seit Jahrhunderten und auch heute noch in den Eucharistiefeiern der Hl. Messe benutzt. Im Glockenstuhl des Turmes hängt ein dreistimmiges Geläut mit der Glocke Maria Meerstern von 1403 und der Dreikönigenglocke um 1300, der ältesten Glocke im Kreis Euskirchen. Die Orgel auf der Empore des nördlichen Seitenschiffs errichtete der Kölner Orgelbauer Johann Heinrich Brinkmann (1794-1848) im Sommer des Jahres 1843. Schließlich stellen die hellen, zurückhaltend gestalteten Fenster (um 1963) von Paul Weigmann aus Opladen, Tabernakel und Ambo (1994) von Walter Prinz aus Köln und der Kreuzweg (Farbholzschnitt, 1986-88) von Andreas Felger aus Gnadenthal einen entscheidenden Beitrag der zeitgenössischen Kunst zur Ausstattung der Pfarrkirche dar.