Details zur Straße

Billiger Straße

Die Straße (K 24) führt nach Eu.-Billig, einem der ältesten Ortsteile der Stadt, der bereits in der Römerzeit besiedelt war. Zwischen Billiger Straße und dem Mitbach lag einst die 1903 von Josef Hack errichtete Bade- und Schwimmanstalt mit einem 70 x 30 m großen, für Schwimmer und Nichtschwimmer mit einem Seil getrennten Becken. Das Wasser stammte vom Mitbach und wurde durch einen Zu- und Abfluss stets erneuert. Das Wasser war qualitativ so hochwertig, dasss man ihm heilkräftige Wirkung nachsagte; es wurde von Euskirchener Frauen zum Kühlen und Waschen erkrankter Augen benutzt. Die Anlage wurde ergänzt durch zehn überdachte Einzelzellen und eine große überdachte Badehalle. Der Bau der neuen, 1926 in Betrieb genommenen städtischen Badeanstalt an der Erft löste den Hackschen Weiher ab.

Am 28.11.1907 wurde in der Billiger Straße 2 das "Kaiser-Auguste-Viktoria-Gymnasium", ab 1937 Emil-Fischer-Gymnasium, eingeweiht. Nach dem Neubau des Gymnasiums in der Emil-Fischer-Straße 1968 war die Matthias-Hagen-Schule im alten Gebäude untergebracht. Das alte Gymnasialgebäude steht in Art und Aufwand auf der Höhe des großstädtischen Bauens und zeigt in seiner qualitätvollen Gestaltung im Stil der Neorenaissance die ehrgeizige Baugesinnung der Stadt um die Jahrhundertwende. Die Schule mit dem Ensemble von Turnhalle und Direktorenwohnung ist ein Backsteinbau auf einem Sockel von Quadern mit einem mächtigen Walmdach und aufwendigen Steinmetzarbeiten an der Fassade. Die Bildinhalte des Reliefs und die steinerne Inschrift (Virtuti et Litteris, also: für Tüchtigkeit und Gelehrsamkeit) sprechen die Bildungsideale der Zeit an. Das im großen Mittelbau befindliche Treppenhaus und die früher aufwendig getäfelte Aula betonen den repräsentativen Anspruch. Für die Entstehungszeit bot das Gebäude als Schule alle modernen pädagogischen und technischen Möglichkeiten. Der Architekt des monumentalen wie malerischen Schulgebäudes ist der Regierungsbaumeister Heinrich Krings, der in Euskirchen auch durch Umgestaltungen des alten Amtsgerichts und alten Rathauses auf sich aufmerksam gemacht hatte. Um den Standort des Gymnasiums hatte es jahrelang öffentlichen Streit gegeben. Mit der Festlegung auf das Gelände an der Billiger- und Münstereifeler Straße war der Anstoß zur Aufwertung der Euskirchener Südstadt verbunden.

Einige Jahre später, am 26.6.1914, wurde die Straße durch die Einweihung der Provinzial-Taubstummenanstalt mithin weiter aufgewertet. Die Anstalt war ausschließlich für schwachbefähigte Kinder katholischen Bekenntnisses bestimmt. 120 „Zöglinge“ sollten aufgenommen werden. Gleichzeitig baute der Kölner Verein zur Beförderung des Taubstummenunterrichts auf einem vier Morgen großen, anschließenden Gelände ein Heim für 50 gebrechliche Taubstumme. Das Hauptgebäude diente im Erdgeschoss mit Klassenräumen dem Schulbetrieb, die Obergeschosse als Wohn- und Schlafräume der „Zöglinge“, die Anbauten nach Süden und Westen als Lazarett, Speiseräume und Kapelle. Im Gartengelände wurde eine Turnhalle errichtet. Die traditionsreiche Bildungsstätte war von jeher Pionier einer engagierten Pädagogik für Hörgeschädigte. Bis zum Jahr 1958 diente die Gehörlosenschule der praxisbezogenen Ausbildung der Taubstummenlehrer, die an der Universität Bonn studierten (Entwicklung der sog. Euskirchener Methode).

Die heutige, im Jahr 2008 neu benannte LVR-Max-Ernst-Schule befindet sich seit 2003 in einem neuen Gebäude. Die frühere Gehörlosenschule wurde zum Seniorenheim „Carpe diem“.